„Montag“ ist DHL-Deutsch für Dienstag. Oder so.

Samstag. Als die DHL kommt, ist gerade mal niemand zu Hause. Also wandert ein gelber Zettel in den Briefkasten, professionell bedruckt: „Abholung Montag ab 13 Uhr“, und nicht etwa bei unserer lokalen Postfiliale, sondern natürlich in einem benachbarten Stadtteil.
Montag, Mittagspause: Schwinge meinen Hintern ins Auto, fahre zu dieser Filiale. Finde einen Parkplatz, zackig rein. Angestellte sieht sich den Zettel an.
Dann sieht sie mich an, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank.
Sie sagt: „Der ist von Samstag.“
Ich: „Ja. Abholung ab Montag, 13 Uhr.“
Sie: „Ne. Nicht bei mir.“
Sie dreht sich ab und ist auf dem Weg zu ihrem Hocker.
Für Naivlinge wie mich hat sie wenig Zeit.
Ich: „Äh???“
Sie: „Die vom Samstag sind nie am Montag hier.“
Ich: „Aber da steht…“
Sie: „Die bunkert der Fahrer irgendwo.“
Ich: „Aber da steht Montag. Gedruckt.“
Sie: „Ist egal. Nicht bei mir. Kommen Sie morgen. Oder übermorgen.“
Mach ich. Auf ihrer Webseite wirbt die DHL mit einem Bild aus dem Set des neuen Bond-Films. Da steht „Mit der Lizenz zum Liefern. Keine Zeit zu sterben.“
Die DHL hat übrigens auch ein offizielles Firmenmotto: „The Power of Global Trade“. Vielleicht bunkert ja gar niemand mein Paket, zur Abholung ab Montag, also Dienstag oder später. Vielleicht fährt es James Bond gerade via Rom zur Filiale.
Oder ist unterwegs gestorben.

Karte und aktuelle Statistik: Covid-19 im Rheinland

Corona/Covid werden uns noch weiter begleiten, und interessant ist für uns Bürger vor allem der regionale Überblick über die Lage. Hier eine auf das Rheinland fokussierte Version der bekannten Esri-Karte. Sie führt die leicht divergierenden Statistiken von Risklayer und RKI zusammen, man kann sie auch frei „durchklicken“, um Statistiken für einzelne Städte und Regionen abzurufen (Umschalten: ganz unten, die drei Punkte).

Daten zu spezifischen Orten ruft man entweder über „mit der Maus ziehen und klicken“ ab oder über die Suchmaske: Da muss man allerdings nach dem Namen des Kreises suchen, nicht nach Ortschaften (Ausnahme: kreisfreie Städte/ Großstädte). Voreingestellt ist die Karte auf den Rhein-Sieg-Kreis. In der Navigationszeile ganz unten lässt sich zwischen Karte und Tabelle hin- und herschalten.

Wer es bis auf Dorfebene hinunter wissen will, findet die Daten zum Beispiel hier (wieder voreingestellt auf Rhein-Sieg-Kreis)-

 

 

 

Unfassbar unfühlbar

Das Corona-Kontaktverbot gilt jetzt gefühlt seit Beginn der Neuzeit, Fiona und ich können da wegen unserer gemeinsam durchgestandenen Virengrippe noch ein paar Wochen draufsetzen: wir sind jetzt seit dem 25. Februar in zweisamer Isolation. Langsam beginne ich, Effekte zu spüren.

Und die fallen anders aus als ich erwartet hätte. Letzte Woche haben wir erfahren, dass Mary, die Mutter meines Schwagers David, an Covid-19 gestorben ist. Für die Familie ist das höllisch, weil noch nicht einmal eine anständige Beerdigung drin war. Keine „Wake“, die in Irland echt wichtig ist, kein direktes Abschiednehmen von der Verstorbenen, kein soziales Beisammensein. Mary war eine tolle Frau, über die man viel erzählen könnte. Über ihren Tod berichtete die örtliche Presse ausführlich, aber nicht wegen ihrer Person, sondern weil ihr Tod eine horrende Zahl abrundete: sie war eines von zehn Opfern, die in ihrem Altenheim innerhalb von nur einer Woche starben.

Das ist es, was das Virus mit uns macht: Greifbar wird es nur in Statistiken, in denen die Opfer entpersönlicht werden. Dass da draußen mehrere tausend Kranke in Intensivbetten röcheln und nicht wissen, ob sie es schaffen werden, verdrängen wir.  Das ist harte Covid-Realität, die bizarrerweise ja immer noch nur sehr wenige von uns ereilt. Was Covid-19 konkret an Leiden verursacht, ist hierzulande weitgehend verborgen.

Für die meisten von uns ist die Pandemie deshalb völlig unwirklich und abstrakt. Alles, was wir direkt davon mitbekommen, sind Nachrichten über andere Länder, wo es wirklich schlimm sein soll. Bei uns produziert die Krankheit mehr Nachrichten über bizarre Nebeneffekte (Klopapier-Mangel) als über die unmittelbare Bedrohung. Klar, unsere Städte sehen seltsam tot aus.  Bei uns in Suburbia fällt aber selbst diese Nebenwirkung des Kontakverbots kaum auf.

Wir leben vorstädtisch, am Rand des Bergischen Landes, Westerwald und Siebengebirge sehe ich vom Fenster aus und an klaren Tagen im Westen die Höhen der Eifel. Wie es an all diesen Orten zurzeit aussieht? Bei schönem Wetter belebt: Wanderergruppen wie immer, Pulks von Rad- und Motorradfahrern.  Kaum einer sitzt zwar mal oder steht in Gruppen, um zu reden, aber auch das sieht man hier und da. Ganz ehrlich: Wüsste ich nichts von Covid-19 und Kontaktsperre, fiele mir da draußen nicht auf, dass da irgendetwas anders ist.

Außer im Supermarkt. Vor Läden standen über die letzten Wochen äußerst locker auseinandergezogene Schlangen, die Läden innen waren weitgehend leer. Menschen, die Masken tragen, sind hier in der Gegend noch immer verhaltensauffällig. Ich habe mich vor zwei Wochen beim Bäcker deshalb von zwei strunzdoofen Verkäuferinnen auslachen lassen. Im Baumarkt (ja, ich weiß: ist bei uns aber business as usual und keine Covid-Begleiterscheinung) machte mich ein Mittvierziger sogar an, weil ich eine trug.

Ich kann das sogar verstehen. Wir stecken gefühlt in einer semi-realen Epidemie, die unser Leben seit Wochen einschränkt, obwohl „da draußen“ doch alles normal scheint. Kein Wunder, dass so viele Vollidioten und Verschwörungstheoretiker beginnen, Manipulation zu wittern.

Es fühlt sich ja alles auch komplett irreal an. Auch ich muss mich kneifen und mir sagen: das liegt daran, dass wir diese Epidemie nicht haben Realität werden lassen. Weil wir uns mit sehr viel „Nicht“ dagegen wehrten: uns nicht nahekommen, nicht treffen, nicht feiern. Weil wir in unserem Sozialleben die Pause-Taste gedrückt haben. Und hoffen, dass das Band nicht reißt.

Heute werden die Maßnahmen gelockert. Für viele wird sich das so anfühlen, als kämen sie der eigenen Lebensrealität wieder etwas näher. Ich fürchte nur, für viele wird auch das Virus damit sehr viel realer werden.

Natürlich: keine Mittagspause

Hatte gerade Mittagspause. Im Gegensatz zu unseren derzeitigen Mitbewohnern: Einem Amselpärchen, das uns vor ein paar Wochen 5 Eier in ein Nest gelegt hat, das in nur 1,50 Meter Höhe im Efeu hängt, direkt an unserer Terrasse.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das nun außerordentlich dämlich war oder ganz besonders klug. Wir kennen uns ja: SIE ist ein Vogel ohne jede Scheu. Wir können in einem Abstand von knapp einem Meter an ihr vorbeigehen, ohne dass sie scheut. Wenn Fiona im Garten arbeitet, sitzt sie manchmal hinter ihr und wartet darauf, dass bei der Buddelei Würmer abfallen.

Copyright: Frank Patalong

Jetzt ist sie mit ihrer Brut quasi Untermieter, was nur insofern ein Problem ist, als dass dies natürlich auch für Sally, genannt Ming-Ming gilt – unsere Katze. Seit die Jungvögel geschlüpft sind, registriert die das emsige Treiben mit gelangweiltem, aber durchaus vorhandenem Interesse.

Das Resultat? Wir bewachen das Nest. Alle fünf Jungvögel sind geschlüpft und haben sich seitdem gefühlt alle zwei Tage in Sachen Gewicht und Größe verdoppelt. Wir rechnen mit 1,80 bis 2,90 Meter Flügelspannweite, wenn das so weiter geht.

Und Ming-Ming? Wird zur Stubenkatze. Hofgang nur unter Aufsicht und Nachts. Wir gehen davon aus, dass die Vögel sie dann nicht interessieren: Sie ist ein Mauser, kein Vogelmörder.

Wenn man so will, haben sich unsere Amseln also menschliche Bodyguards zugelegt. Hätten sie ihr Nest nicht auf unserer Terrasse, sondern irgendwo im Garten weit über Kopfhöhe installiert, wären sie wahrscheinlich weit gefährdeter gewesen – denn auch die Elstern und Eichelhäher kommen uns Zweibeinern nicht so nah.

Was bedeutet, dass sich die Amseln in aller Ruhe selbst bis zur Erschöpfung ausbeuten können. Ist schon echt spektakulär. Erinnert mich an früher. War ja irgendwie ähnlich.

Copyright: Frank Patalong