Blockbuster: Kong, nicht King

Ursprünglich noch 2020, nun erst nächstes Jahr soll ein weiteres Remake im Blockbuster-Format in die Kinos kommen: King Kong gegen Godzilla. Klingt beknackt, wird aber, wenn man den ersten Trailern vertrauen kann, ein weiteres „Städte in Schutt und Asche“-Machwerk allererster Qualität, frei von Sinn, aber angereichert mit irgendwelchem Tiefere-Moral-Schmonzes. Und natürlich Mega-bombastisch, Popcorn-kompatibel usw.

Das Drehbuch steht schon fest: Es ist seit Anfang der 50er-Jahre immer dasselbe. Monster kommt, legt Land in Schutt und Asche, Monster geht. Die Drehbuchvariante 2 wurde schon 1955, ein Jahr nach dem ersten Film, erstmals verfilmt: Monster 1 kommt, legt Land in Schutt und Asche, Monster 2 kommt und haut Monster 1 auf die Glocke, wobei beide gemeinsam das Land in Schutt und Asche legen, Monster geht.

Das hat für bisher drei Dutzend Filme gereicht.

Seit Roland Emmerich Godzilla 1998 eine Green Card besorgt hat, ist die Echse Amerikaner. Die Japaner halten noch dagegen, doch ihre alle paar Jahre veröffentlichten, eher Kinder-kompatiblen Schutt-und-Asche-Monsterfilme können mit dem, was Hollywood uns liefert, nicht wirklich mithalten. Was Schutt angeht, ist das US-Blockbusterkino nicht zu schlagen.

Es soll Leute geben, die das cool finden. Ich gehöre nicht dazu. Ich mag Filme, die mehr als Bumm bieten. Avengers, die US-Godzilla-Filme und all dieser Kram, in dem mit immer unwahrscheinlicheren Action-Käse eine immer noch größere Bedrohung bekämpft wird, ist für mich die blanke, hirnlose Langeweile.  Um noch eine Steigerung der letzten Gigantomanien und einen Ansatz an emotional berührender Handlung hinzubekommen, setzte der letzte Avengers-Film sage und schreibe auf die Auslöschung der Hälfte des Lebens im gesamten Universum. Das muss man mal sacken lassen: 3,5 Milliarden Tote auf der Erde hätten da nicht gereicht, es musste dann doch noch etwas mehr sein. Billiarden, Quadrilliarden, Fantastilliarden. Doofer geht’s kaum noch.

Was eine perfekte Überleitung zu Godzilla ist. Der erste Film von 1954 hatte noch eine unterliegende Idee, die auch politisch Kritik äußerte. Danach wurde die Filmreihe ein Spektakel – und auf erfrischend hirnlose Weise amüsant. Doof auf eine schöne Art. King Kong gegen Godzilla wurde 1962 erstmals verfilmt. Es ist mein Lieblingsfilm der Reihe, vor allem wegen solcher Szenen (hier leider ohne Ton):

Gedreht wurden diese Schinken innerhalb weniger Wochen, wie am Fließband, einer nach dem anderen. Zum King-Kong-Flick kam es, weil jemand aus dem Team in der Kostümkammer ein altes Affenkostüm gefunden hatte. Die paar Mottenlöcher in der alten Requisite fielen kaum auf: Hey, super, dachten sich die Macher um Godzilla-Vater Ishiro Honda, machen wir doch einen King-Kong-Film!

Den kann ich mir auch heute noch mit breitem Grinsen ansehen. Ganz ehrlich, so im direkten Vergleich: was macht mehr Spaß? Digital-Monster oder von Motten angefressene Karnevals-Witzbolde, die sich mit Pappfelsen bewerfen? Ich werde unserem lokalen Kleinkino hier vorschlagen, zum Kinostart des neuen Monster-Massakers stattdessen das Original zu zeigen.

Showdown!

Crystal Palace Dinosaurs: Alles wird besser

„Iguanodon“, Crystal Palace Dinosaurs. Copyright: Patalong

Seit ich im Frühjahr 2015 auf die Idee kam, den Crystal Palace Dinosaurs – das sind die  ältesten dreidimensionalen Darstellungen vergangenen Lebens weltweit – einen kleinen Guide in deutscher Sprache zu widmen, hat sich vor Ort im Süden Londons eine Menge getan.

Vor vier Jahren hat mich der Zustand des kleinen Skulpturenparks regelrecht empört: Die riesigen Beton-Monumente verfielen, die Inseln, auf denen sie stehen, wirkten vernachlässigt. Informationen für Besucher gab es kaum. Weder erfuhr man, was für wissenschaftshistorische Schätze man da eigentlich vor sich hat, noch etwas darüber, wie anders die Wissenschaft die dort dargestellten Tiere heute sieht.

Seitdem hat sich eine Menge getan. Ich war nicht der einzige, den der Zustand Anfang 2015 irritierte. Im Frühsommer 2015 gab es eine Reihe von Artikeln in prominenten Zeitungen, die BBC entdeckte das Thema für sich, und die Friends of Crystal Palace Dinosaurs – ein Club ehrenamtlicher Denkmalpfleger – bekamen plötzlich ungekannten Rückenwind.

Seitdem floss Geld in die fortlaufende Restaurierung der Statuen. Die Friends arbeiten daran, die Bepflanzung der Dinosaurier-Inseln mit zeitgerechter Flora zu verändern. Und seit Ende Januar ist auch klar, dass sie per Crowdfunding, Benefiz-Auktionen und sogar öffentlichen Mitteln das Geld für einen Brückenbau zusammenbekommen haben. Damit ist nicht nur gewährleistet, dass die Pflege der Monumente künftig leichter gelingt. Es wird – gegen Anmeldung und zu besonderen Anlässen – künftig auch regelmäßig geführte Touren über die Inseln geben.

Das beste an all dem ist aber, dass die Stadt London mit den Crystal Palace Dinosaurs eine ihrer einst größten Attraktionen im Wortsinn wiederentdeckt hat. 2015 fast vergessen werden die Dinosaurs heute in so gut wie jedem aktuellen London-Tourguide zumindest als „Geheimtipp“ gehandelt. Mich freut das tierisch.


Für alle, die es interessiert:
„Die ersten ihrer Art“ bei Amazon. Hier in der E-Book-Version.
Dasselbe direkt bei BOD. Hier als E-Book.

Selbstverlag, erstes Fazit: es steht Vierzig zu Vier

Flach gebaut und mit Horn auf dem Maul statt am Daumen - so "falsch" sie heute sind, sind sie doch Ikonen der Wissenschaftsgeschichte
Flach gebaut und mit Horn auf dem Maul statt am Daumen – so „falsch“ sie heute sind, sind sie doch Ikonen der Wissenschaftsgeschichte

Im Frühjahr letzten Jahres habe ich meinen kleinen Führer zu den 33 Statuen prähistorischer Lebewesen im Londoner Crystal Palace Park als Book on Demand veröffentlicht. Nach einem Verlag hatte ich erst gar nicht gesucht: Wissenschaftsgeschichte ist immer Nische, aber ein deutschsprachiger Führer zu einer Art Freilichtmuseum aus dem Jahr 1854, das ist nischigste Nischennische.

Es war mir einfach ein Anliegen, weil es so etwas in deutscher Sprache noch nie gab. Ich stellte mir einfach vor, dass es toll wäre, wenn jemand vor den Statuen stünde, nichts damit anzufangen wüsste, sie googelte – und 20 Sekunden später meinen bebilderten Führer als APP/Ebook auf dem Handy hätte, wenn er/sie wollte.

Leseprobe im Google-Play-Store: Vorwort und die ersten drei Service-Kapitel

Eigentlich ging es mir also ums Ebook. Ich setzte den Preis bei 2,99 an, um die Mastering-Kosten wieder herein zu holen (38 Euro), und bot zugleich ein Print-Ausgabe für 5,99 an, einfach, weil das im Paket war. Werbung habe ich nicht dafür gemacht (abgesehen davon, dass ich hier im Blog darüber schrieb und es hier auch anbot), ich ließ es einfach drauf ankommen.

In zehn Tagen ist seitdem ein Jahr vergangen, Zeit für eine erste Bilanz. Meine 38 Euro habe ich noch nicht ganz wieder drin: 40 ist die Zahl der verkauften Print-Ausgaben im letzten Jahr. Ich hatte nicht mit so vielen gerechnet. Nochmal 24 und die Kosten sind wieder drin.

Anders sieht das beim Ebook aus. 2,99 ist offenbar eine zu hohe Schwelle: Gerade einmal sechs Ebooks wurden über verschiedene Plattformen (viermal Amazon, einmal Android, einmal Apples iTunes) abgerufen – und davon hatte zwei ich selbst gekauft, um zu sehen, wie das umgesetzt ist (Freiexemplare gibt es da nicht).

Die wahre Ratio der verkauften Versionen liegt also bei 40 zu 4, obwohl die Ebook-Nutzung vor Ort eigentlich das wahrscheinlichste Anwendungsszenario war. Liegt das nur daran, dass das Ebook schon zwei Wochen nach Erscheinen in diversen Börsen illegal angeboten wurde (so wie jedes andere Buch)?

Ich glaube, der deutsche Ebook-Markt ist trotz all der E-Reader, die man morgens in der U-Bahn sieht, eine Todgeburt. Bei Geburt stranguliert von Verlagen, die glauben, zehn Prozent Preisabschlag sei ein Kaufanreiz für ein Datenprodukt. Ich sehe es ja an mir selbst: Auf meinen zwei Kindle-Readern sind etliche Bücher, aber kein einziges in deutscher Sprache. Wenn ich die Wahl habe zwischen 18 Euro für ein gedrucktes Buch oder 16 für ein Ebook, kaufe ich den Druck. Ich kaufe dagegen regelmäßig Englisches in E-Form, weil mir da echte Preisvorteile geboten werden.

Ich wüsste wirklich gern, wo die Schwelle liegt, an der ein Ebook attraktiver wird als ein Druck. Ich werde deshalb den Preisvorteil des Ebooks gegenüber der gedruckten Ausgabe für mein „Die ersten ihrer Art“ vergrößern, per Absenkung des Ebook-Preises auf 99 Cent. Nur um zu schauen, was passiert. Beantragt habe ich die Preissenkung vor knapp zwei Wochen, und am gestrigen Dienstag Bescheid bekommen, dass der neue Preis an die Ebook-Stores (Amazon, Play, iTunes etc.) weitergegeben worden sei. Die sollen den Preis nun innerhalb der nächsten Tage senken.

Ich bin gespannt, was passiert. Ein merkliches Anziehen der Verkäufe wäre ein zwiespältiges Zeichen. Zum einen würde es zeigen, dass deutlich mehr drin wäre im deutschen Ebook-Verkauf, wenn man nur die Preise richtig setzte. Zum anderen würde es zeigen, dass der Buchmarkt endgültig auf dem Weg zum „nur die Masse machts“ ist: Nischige Bücher sind schon jetzt nichts, mit dem man Geld verdienen kann. Wenn aber nur absolutes Preisdumping überhaupt Ebook-Käufe generiert, wird alles von Hochliteratur bis Fachbuch-/Nische/anspruchsvolles Sachbuch zum reinen Ehrenamt.

UPDATE: Die Preissenkung ist bei Amazon, Apple und Google inzwischen erfolgt.

 

 

Crystal Palace Dinosaurs: Rettungsmaßnahmen haben begonnen

Auch das ein höchst virtuelles Wesen, das in Wahrheit völlig anders aussah

Das Ende des Elends ist in Sicht: Der fortlaufende, sichtbare Verfall des Dinosaur Court in Londons Crystal Palace Park soll gestoppt werden. Seit rund fünf Wochen sind professionelle Restauratoren dabei, eines der zwei in ihrer Stabilität gefährdeten Iguanodone zu reparieren und zu säubern. Nach und nach sollen dann alle Hawkins-Skulpturen aufgearbeitet werden.

Es ist eine gute Nachricht, denn trotz allen nostalgischen Zaubers, den der Dinosaur Court unter all der Patina, dem Moos und den Flechten und dem Vogeldung in den letzten Jahren entwickelt haben mag, war der fortschreitende Verfall nicht zu übersehen. In manchen Statuen klaffen Risse und Löcher. Bei den im Wasser liegenden Tieren blättert Beton in Schichten ab. Dass dazu immer wieder besoffene Vandalen ihr Mütchen an den Skulpturen kühlen, weil sie sie für „schlecht“ halten, ist dann nur noch der Tropfen, der das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen bringt.

Das allerdings liegt auch daran, weil die Skulpturen nicht hinreichend gesichert und erklärt sind. Wenn man davor steht, kann man sie für die schlechte Handarbeit eines wissenschaftlich eingeschränkt informierten Künstlers halten – zu naiv, zu klobig, zu „falsch“, um als authentische Statuen fossilen Lebens wahrgenommen zu werden. Dabei gehören sie zu den wichtigsten, wegweisenden Denkmälern der Wissenschaftsgeschichte: Eigentlich sollte so etwas Weltkulturerbe sein.

Finde ich, aber ich bin ja auch Fan. Andererseits ist es so, dass es eben vor allem Fans waren, die dazu beitrugen, dass der Dinosaur Court überhaupt noch wahrgenommen wird. Vor allem die erst 2013 gegründeten „Friends“ trommeln da zunehmend professionell. Es hat dazu geführt, dass die Crystal Palace Dinosaurs auffindbarer geworden sind: Immer mehr Londoner erfahren, was für ein Schatz da im Süden der Stadt steht, und immer mehr beteiligen sich daran, das auch multimedial bekannter zu machen (siehe Video oben).

Gut so, denn die „Monster“ brauchen Besucher guten Willens, um den Respekt zu bekommen, den sie verdienen. Immerhin: Die Kommune Bromley, die für die Erhaltung zuständig ist, scheint jetzt endlich auf dem richtigen Weg. Nachdem im August Vandalen eine der Säugetier-Statuen köpften, fiel der mediale Aufschrei darüber so laut aus, dass die Behörden endlich die eigentlich schon seit mehr als einem Jahr beschlossene Renovierung genehmigten. Über den Fortschritt der Renovierungsarbeiten berichten die Ehrenamtlichen von den Friends of Crystal Palace Dinosaurs fortlaufend in ihrem Newsblog.

Ich drücke den Monstern die Daumen.