Es ist die Königsdisziplin des Marketings, alten Wein in neuen Schläuchen zu verkaufen. Wer es dann noch schafft, die Profite damit in ungekannte Höhen zu treiben, gilt als Wizzard.
Meist erfahren wir normalen Sterblichen gar nicht, wer für solche Geniestreiche verantwortlich ist. Dabei hätten die es echt verdient, in eine Hall of Shame aufgenommen zu werden. Zum Beispiel
- die Erfinder der 86-Gramm-Schokoladentafel zum Preis einer 100-Gramm-Tafel: es gibt echt Pfosten, die die kleinere Verpackungsform besser finden, weil das dann „nicht so viel“ sei. Dass man auch eine halbe Tafel zurück in den Schrank legen kann, steht leider nicht auf der Gebrauchsanweisung.
- die Erfinder der Kaffee-Kapsel: kann ja sein, dass diese Müll-produzierende Umweltsauerei echt schmackhafte Sorten bereithält. In Anbetracht der Tatsache, dass jede einzelne Tasse Kaffee dadurch fünf- (No-Name-Produkte) bis 10mal (Markenware) teurer ist als normalerweise, darf man zumindest das aber auch erwarten. Umgerechnet kosten Kaffeekapseln abhängig von der Marke so viel, als würde ein Kilogramm Kaffeebohnen rund 35 (No-Name vom Discounter) bis 150 Euro (normale Markenware) kosten.
- die Erfinder der „Waschmittel-Pods“ oder wie auch immer diese bunten Wasch-Bonbons gerade genannt werden: Ein hoch konzentriertes Mischprodukt aus herkömmlichem Waschkonzentrat mit Weichspüler, für Kleinkinder potenziell tödlich und – siehe oben – mindestens zehnmal so teuer wie das herkömmliche, unkonzentrierte Produkt. Was dafür spricht? Pods sind schön bunt und auch für Analphabeten nutzbar, die weder die Gebrauchsanweisung des Waschpulvers noch die der Waschmaschine lesen wollen oder können. „Wo rein kommt das nochmal: rechts oder links?“ und ähnlich komplizierte Fragen des Erwachsenenlebens entfallen damit: Einfach Klappe auf und rein in die Wäsche. Das lässt sich völlig hirnfrei erledigen.
Vorgestern habe ich eine Fernsehwerbung gesehen, bei der ich fast lachend hintenüberfiel: Die warben tatsächlich für Festshampoo.
Muss man sich mal vorstellen: Statt in flüssiger Form wird dieses pflegende Reinigungsmittel in Form eines geschmeidigen Blocks verkauft. Natürlich gibt es das auch für die Hautreinigung und Pflege. Das Tolle daran: Es ist in Papier verpackt statt in Plastik, und das, suggeriert die Werbung, schone natürlich die Umwelt ganz enorm.
Das finde ich tatsächlich gut.
Dass diese Innovation ihren Preis hat, ist natürlich auch klar: Der umgerechnete 1000-Gramm-Preis für solche Fest-Pflegestoffe liegt typischerweise bei 60 bis 80 Euro. Verkauft wird das in Blöcken ab 40 Gramm, 60 Gramm ist häufiger – man landet bei den meisten Marken dann bei fünf bis acht Euro.
Was die Sache dann – analog zum Wasch-Pod – wieder zur Körperpflege für Doofe macht. Denn neu ist am „Fest-Shampoo“ natürlich absolut überhaupt nichts: Ältere Semester nennen das richtigerweise schlicht und ergreifend „Seife“.
Da liegt der Kilopreis für Markenware übrigens bei sechs bis acht Euro, also bei einem Zehntel oder weniger als für die neuen Marketing-Ausgeburten der „Fest-Pflegemittel“.
Waschen für Doofe: das hat natürlich seinen Preis.