Essen mit Mehrwert: Zuckertüten mit soziodemografischer Botschaft

Sonntag, Dinslaken: Das Niederrheinstädtchen war von jeher eine Art Vorort des Ruhrgebiets. Früher wohnten da die Meister und Vorarbeiter, die Büroangestellten und alle, die sich bei der Arbeit die Finger nicht mehr schmutzig machten. „Bürgerlich“ könnte man sagen, wenn es nicht Pott wäre.

Und heute? Geriatrisiert das einst gentrifizierte Dinslaken allmählich. Der Studienrat wohnt da noch immer lieber als in Walsum oder Oberhausen, aber vor allem steigt der Altersdurchschnitt ständig.

Die Pensionäre dort haben im Schnitt wohl mehr Geld auf der Tasche als im naheliegenden nördlichen Ruhrgebiet. Sie bleiben, obwohl die Stadt in den letzten Jahren alles versucht hat, aus ihrer Innenstadt eine seelenlos-austauschbare Betonwüste zu machen. Der verblüffende Effekt: Der völlig am Bedarf vorbeigeplante Bau eines dieses neuen Einkaufstempel hat anders als anderenorts sogar dazu geführt, dass die alten Einkaufsstraßen merklich belebt wurden. Depression herrscht stattdessen im neuen Einkaufstempel, einem fast beispiellos hässlichen Bunker. Die Wetten stehen darauf, dass er nicht mehr als zwei Jahre macht.

Schauplatz Restaurante La Romantica, der Lieblings-Italiener meiner Mutter. Gut, und das auch in den „gehobenen“ Gerichten abseits von Pizza und Pasta. Das Angebot an Fisch und Fleisch ist angemessen klein, durchdacht und frisch. Agnello alla erbe, zartrosa, gut gewürzt: Früher nannte man so etwas ein „Sonntagsessen“.

Nachher dann natürlich noch ein Kaffee, Crema ist die Wahl. Nur ein wenig Zucker dazu, und dann das: Sogar das Zuckertütchen bietet noch Mehrwert!
Vielsagend, oder?

guenstig
Zuckertütchen mit sozio-demografischer Botschaft: Ruhrgebiet 2015