Trend Gaga-Fußball: Katar kann man noch toppen

Michel Platini: Läßt Europa näher zusammenrücken (in der Business Class)

Wer geglaubt hat, bescheuerter als eine Fußball-WM ins Wüstenländle Katar zu vergeben, gehe es nicht mehr, konnte heute dazu lernen: Die EM 2020 wird in 13 verschiedenen Ländern ausgetragen. Gäste aus Texas wird das wegen der ja ach so niedlichen kleinen Distanzen in Europa vielleicht nicht weiter irritieren. Beim Bäckermeister von nebenan, der gern ein, zwei Spiele der Nationalelf mitnehmen würde, wird das wohl anders aussehen, wenn er von Barcelona nach Moskau muss.

Der Trend der letzten 15 Jahre, die Preisgestaltung für Tickets für solche Events an den Gebrauchtwagenmarkt anzulehnen, war schon schlimm genug. Mit dieser Entscheidung dürfte gewährleistet sein, dass sich normale Menschen den EM-Zirkus definitiv nicht mehr leisten können. Fans – die ja seit einiger Zeit eher als Störfaktoren gehandelt werden – werden so kaum noch in den Stadien landen.

Die echten Lacher wird es aber dann geben, wenn man im inzwischen ja so bewährten Online-Reservierungsverfahren seine namentlich registrierten, „personalisierten“ Tickets blind wird bestellen müssen, ohne zu wissen, wohin die Reise geht. Weitergabe der Tickets natürlich ausgeschlossen. Das Los-Verfahren stellt sicher, dass sich dabei trotzdem alle als Gewinner fühlen dürfen.

Was denken sich diese Verbands-Fuzzis, wenn sie zu solchen Entscheidungen kommen, falls sie denn denken? Nur das allerbeste, wie ein Platini-Zitat bei SPIEGEL ONLINE dokumentiert:

„Alle 53 Verbände sind ausdrücklich eingeladen, sich zu bewerben. Wir wollen nicht nur eine Region einbeziehen, sondern ganz Europa. Vom Osten bis zum Westen, vom Norden bis zum Süden“, sagte Uefa-Präsident Michel Platini. „So kann es zu einem Derby zwischen Portugal und Kasachstan kommen, das wird doch bestimmt interessant.“

Genau. Mit einem „Derby“ meint man übrigens den Wettkampf zweier Mannschaften aus einer Region, es ist das Aufeinandertreffen von Nachbarn.

Portugal gegen Kasachstan? Da kann man mal sehen, wie klein die Welt ist, wenn die Brieftasche groß genug ist.

Zum Background:

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„So geht das aber nicht“, sagte mein Schatz am Abend, „Morgen musst Du früher aufstehen.“

Ich kenne diesen Satz seit Jahren. So, wie die Rufe der ziehenden Wildgänse am Himmel für mich den wahren Beginn des Herbstes markieren, signalisiert mir dieser Satz, dass nun der Winter wirklich begonnen hat. Für mich beginnt damit ein Wettlauf mit der Zeit, der von mir verlangen wird, dass ich in den nächsten Tagen jeden Morgen noch ein bisschen früher werde aufstehen müssen.

Der Grund ist Herr H.. Er ist mein Nachbar und ein total netter Kerl. Freundlich grüßte er gestern, als er an meinem Bürofenster vorbeizog und den Bürgersteig vor meinem Haus vom Schnee befreite. Es war kurz vor Mittag, ich tippte unter Zeitdruck an einer Geschichte, die wir nach Möglichkeit auf der Seite haben wollten, bevor die dpa mit einer entsprechenden Agenturmeldung kam. Herr H. hatte keine Deadline. Er ist Rentner.

Seine Arbeit war auch nicht schwer, denn mehr als 1-2 Zentimeter Schnee waren noch nicht gefallen, seit er die Bürgersteige das letzte Mal gesäubert hatte, kurz bevor bei mir der Wecker schellte. Mühseliger war dann schon, was er am Nachmittag leisten musste, kurz vor meinem Feierabend.

H. und ich helfen uns seit Jahren. Bin ich eher draußen, säubere ich seinen Bürgersteig mit, ist er eher draußen, erledigt er meinen. Bis vor zwei Jahren Frau F. gegenüber starb, machten wir das Grundstück der alten Frau noch mit. Nachbarschaft nennt man sowas, es ist gut und ein Zeichen für ein gesundes Sozialgefüge. Mein Problem ist nur, dass das jedes Jahr schnell ins Einseitige abkippt. Ich bleibe die Gegenleistung schuldig. Gegen H.s freie Zeitgestaltung bin ich leider chancenlos.

Es ist ein informeller Wettbewerb, natürlich. Schließlich haben wir uns das nicht ausgesucht, wir müssen ja. Als ich heute morgen in die Kälte trete, ist es noch stockfinster, doch der Schnee hellt alles auf. Vielleicht vier Zentimeter herrlich fluffig-klebriger Flocken sind über Nacht gefallen. Der Schnee dämpft die Geräusche der Vorstadt, und unter den Füßen knirscht er. Bis 7.30 Uhr bemühen wir uns, diese jungfräuliche, noch von keinem menschlichen Fuß berührte Fläche in die vorschriftsmäßig geräumte Eisbahn zu verwandeln, die wir aus versicherungstechnischen Gründen für unsere teutonische Pflicht halten.

Heute gelingt mir das, ich bin fertig, bevor irgendjemand aus dem näheren Umfeld auch nur die Badezimmerbeleuchtung angeworfen hätte. Nur schräg gegenüber ist schon alles geräumt, ich hatte das Kratzen gegen 5 Uhr gehört. Es mag zum heutigen Sieg in der Morgenetappe beigetragen haben.

An den neuralgischen Punkten schnell noch was Streu auf den Weg! Mit Schweiß auf der Stirn stütze ich mich nachher auf meinen Besen und betrachte mein Werk. Sieht richtig hässlich aus im Vergleich zum schönen Weiß drumherum.

Ich kann mir schon vorstellen, wie die Kinder auf dem Weg zur Grundschule nachher wieder auf der Straße laufen werden, weil das angenehmer ist. Wir haben hier keinen Winterdienst, was dazu führt, dass die Straße immer herrlich weiß bleibt, schick gerahmt von blankgeputzten Bürgersteigen.

Morgen, weiß ich, werde ich wieder ein wenig früher aufstehen müssen, denn bei den nächsten Schneeräumungen während des Tages wird mich H. wieder schlagen. Der Himmel hängt dunkel und schwer, da kommt heute wirklich was!

So wird das gehen, bis der Kipppunkt erreicht ist: Vorletztes Jahr habe ich den Bürgersteig einmal geräumt und H. dann kurz nach Sieben noch einmal, weil inzwischen so viel Schnee gefallen war, dass man meine nächtliche Räumung schon nicht mehr sah. Danach wusste ich, dass ich aufgeben durfte: Ohne eine generelle Invertierung meines Tag-Nacht-Rhythmus war dieser Wettbewerb nicht zu gewinnen.

Aber heute morgen bin ich Sieger. Und hundemüde.

Debatte um „das Gott“

Zum Schichtauftakt kurz die Nachrichtenlage gescannt. Darüber gestolpert, dass Familienministerin Schröder „das Gott“ als geschlechtsneutrale, politisch korrekte Alternative vorschlägt. Rheinländer wissen, wie perfide das in Wahrheit ist: „Das Gott“ ist natürlich feminin, so wie in „Wie geht’s denn dat Ursula?“ oder „Dat Ursel sacht für misch…“.

Schröder schlug damit also keineswegs eine „Versachlichung“ vor. Aber kann das Gott wirklich ein Weibchen sein?

Die einzig wahre Antwort lieferte da Christine Haderthauer von der bayrischen Atheisten-Partei CSU: Schröder versaue den Kindern mit diesem verkopften Quatsch „die starken Bilder, die für ihre Phantasie so wichtig sind“. So offen haben wir das aus CSU-Kreisen noch nie gehört: Das Gott ist also das Produkt stark phantasieanregender Bilder und kindlicher Vorstellungskraft.

Amen, sag ich da nur. Ausnahmsweise.