PR-Mechanismen, transparent gemacht: So macht man Marken- und Unternehmens-Images. Spitze:
This Is a Generic Brand Video from Dissolve on Vimeo.
Journalist & Autor
PR-Mechanismen, transparent gemacht: So macht man Marken- und Unternehmens-Images. Spitze:
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Als Journalist lebt man unter Dauerfeuer: Jeden Monat flattern mir etliche hundert PR-Mitteilungen ins elektronische Postfach. Das meiste davon ist völlig unzielgerichtet. Die Versender haben offenbar überhaupt keine Ahnung, wen sie da anschreiben (und oft noch nicht einmal davon, worüber sie schreiben).
Am schlimmsten sind dann die „Verpackungen“. Unausrottbar sind Html-Mailings mit satt Bildmaterial, die – Spam-Filter und Virenschutz sei Dank – dann völlig unlesbar im Postfach landen, weil der Mist natürlich vorher gekillt oder zumindest nicht angezeigt wird. Alternativ schickt so mancher PR-Fachmann gern schon mal ein paar Anhänge mit: Bildern in 300 dpi, PDF-Dokumente und den letzten Bilanzbericht auf 264 Seiten. Mailgrößen im Megabyte-Bereich hören aber auf, lustig zu sein, wenn sie in Massen anfallen.
Das schlimmste aber ist, wenn PR’ler zum Brainstorming zusammen kommen, und sich was ganz feines, „aufmerksamkeitsstarkes“ ausdenken: „Originelle“ Verpackungen zum Beispiel.
Ich habe einmal eine Blechtrommel bekommen, rund 60 Zentimeter hoch, Rauminhalt geschätzt 30 Liter und mit Sprengring gesichert. in sowas transportiert man sonst Sondermüll.
So wie auch in diesem Fall: Gefüllt war das Ding bis zur Oberkante mit diesen weißen Verpackungsflocken. Ganz am Boden des Gefäßes lag dann eine Einladung zu irgendeiner blöden PR-Veranstaltung mit Häppchen und Party – ne, was haben wir gelacht. Besonders, da wir in unserer kleinen Redaktion (damals sechs Leute) gleich fünf von den Dingern zugeschickt bekamen. Zu der Veranstaltung ging dann natürlich niemand von uns.
Ein anderes Mal bekam ich über Wochen kryptische Briefe und Karten zugeschickt, dazu einen Schlüssel und andere kleine Gegenstände, „Hinweise“ und „Tipps“ per E-Mail. Die Idee dahinter war wohl, dass das detektivische Interesse geweckt werden und man von sich aus versuchen sollte, endlich herauszufinden, worum es ging. Am Ende dann die Auflösung: Eine Einladung zu einer der leidigen sogenannten VIP-Parties zum Produkt-Launch irgendeines Spielchens. Den Schlüssel brauchte man angeblich, um da rein zu kommen. Zu dumm, dass warscheinlich jeder Empfänger diesen Mist sofort entsorgte. Andererseits: Wer wirklich zu so einer exklusiven Presse-Veranstaltung will, kommt auch rein. Auch ohne Schlüssel oder Einladung – meistens sind Firmen froh, wenn überhaupt einer kommt.
Vorgestern bekam ich dann per DHL einen Pizzakarton zugestellt. Darauf ein Motiv aus der Welt der Teenage Mutant Ninja Turtles, die (Haha!) sich ja bekanntlich von Pizza ernähren. Darin: Eine Pressemitteilung, ein Flyer – und ein Päckchen mit sechs Sammelkarten. Genau die Sorte, nach der der Nachwuchs an der Tanke lautstark quäkt und für den er dann in entfesselter Sammelleidenschaft in den nächsten zehn Monaten jeden Cent verschwendet, den er in die Hände bekommen kann. Am Ende liegen dann virtuelle Werte im Hunderter-Bereich in einem Karton, von dem sich aber schnell herausstellt, dass er wohl doch keine Kapitalanlage ist, sondern eher eine Art Altpapierlager.
Mich nervt allein schon der hirnfrei überzogene Aufwand. Ich sitze jetzt da und darf den Müll entsorgen, für den der Entsender eine ganze Menge Geld bezahlt hat. Der einzige, dem das nutzt, ist der PR’ler – egal ob hausintern oder in einer Agentur (dann hätte der Käse wohl sogar fünfstellig gekostet!). Es dient ansonsten niemanden, kostet nur Geld und Zeit und verursacht völlig überflüssigen Müll.
Klar, dass die PR im viel zu lauten Grundrauschen des allgegenwärtigen PR-Trommelns sich etwas einfallen lassen muss, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Die doofen Sammelbilder einfach per Html-Mailing rumzuschicken, funktioniert ja auch nicht (siehe oben: der Filter). Eine andere Frage ist aber, was überhaupt erreicht werden soll, und hier schließt sich der Kreis endgültig: Wer hat diese PR-Brainstormer auf die abstruse Idee gebracht, mir diesen Kram überhaupt zuzuschicken – und was erhoffen die sich davon? Erwarten die ernsthaft, dass man darüber berichtet, dass es nun endlich, endlich, endlich wieder Ninja-Sammelkarten gibt?
P.S., um der Fairness willen: In der beiliegenden Pressemitteilung erfährt man, dass es zur TV-Trickfilmreihe nun eine ganze Reihe an Veröffentlichungen gibt. Hätte ich diesen Blog-Eintrag nicht geschrieben, hätte ich das allerdings nie erfahren: Ich hätte den ganzen Käse schon aus Ärger über die abstruse Zusendung komplett und ungelesen entsorgt.
P.P.S.: Was ich mit der übermittelten Information allerdings anfangen sollte, weiß ich nicht. Vielleicht spreche ich mal die Kollegen in der Kultur an, ob sie Interesse daran haben, Werbung für die Ninja Turtles zu machen. Raten Sie doch mal, wie da wohl die Antwort ausfällt.