Alte Helden: Besser kleiner

Ende Juni fuhren wir durch Irland, und wie so oft lief Today FM: Ein Radio-Feuerwerk an Witz, garniert mit einer Playlist ohne „Rotation“. Musikalisch ist da immer alles möglich, gern aber alles knapp neben dem todgedudelten Mainstream.

An dem Abend spielten Counting Crows im Royal Hospital Kilmainham, Dublin. Das ist eine schwer historische Stätte aus dem 17. Jahrhundert, und im Innenhof gibt es seit ein paar Jahren eben auch Konzerte auf prominenter Bühne mittlerer Größe. Und die Counting Crows waren natürlich diese Stars der 90er, denen man im Radio kaum entkam: Immer traurig, immer etwas zu weinerlich. Wunderschöne Lieder, aber irgendwie eben weder Rock noch Pop noch Liedermacher. Okay in kleinen Dosen, sagte mein Schatz, aber „die Stimme macht mich wahnsinnig: Den will man doch von seinem Elend erlösen!“

Die Counting Crows hatte ich als Gruppe längst abgelegt. Vergangenheit, durch, vorbei. Gefühle in Übergröße und Überdosis, zu fett, um zu schwelgen, zu lahm, um zu feiern: Ich finde die Alben nur noch langweilig, und live auf großer Bühne erst recht.

Wo die Musik der Crows aber passt und hingehört, zeigten sie am Nachmittag bei Today FM: In den kleinen Kreis. Auf Stimme und zwei Gitarren reduziert und  siehe da – plötzlich wirkt das, was sonst zu weinerlich und pompös klingt originär, anrührend und gekonnt. So etwas will man live in einer Kneipe hören oder in wirklich kleiner Halle.

Es ist wie so oft: Viele Gruppen wie die Crows, auch viele Sänger wie beispielsweise Elli Goulding wirken auf ihren Alben überproduziert, aufgeblasen und langweilig, live und „klein“ aber sind sie Weltklasse. Warum macht man aus solchen „Radio-Sets“ keine Alben? So kann man sich das doch anhören:

My Playlist X: Gimme that blues

Über Blues heißt es, das sei eine Musik, die man nicht lernen könne, sondern fühlen müsse. Gut möglich: Offensichtlich muss man noch nicht einmal sprechen können, um ihn singen zu können.

Yo, man!

My Playlist IX: Umsonst was auf die Ohren

Es gibt Bands, die offenbar ewig leben und phantastische Musik abliefern. Damit ist schon mal klar, dass die Stones nicht gemeint sein können: Im Sinn habe ich da eine weit vielfältigere Combo. Seit 1998 veröffentlicht und tourt das John Butler Trio unter diesem Namen, in Europa sind zurzeit 26 Alben im Verkauf (davon 16 offizielle), und trotzdem kennt sie „kaum einer“ (nach Mainstream-Maßstäben). Schade, denn da hat man nicht nur wegen der Produktivität und der legendären Live-Performances was verpasst – die Jungs sind absolute Könner:

Dieses absolut nicht repräsentative Stück, das die Butlers seit rund einem Dutzend Jahren tatsächlich auch live bringen, verschenken sie übrigens jetzt als MP3 bei Soundcloud. 

Sowohl die Alben als auch die Konzerte sind im Übrigen ein Ritt durch die Genres, denn „JBT“ kann so Indie-haft wie Mainstreaming-poppig daherkommen. Scheint die nicht sonderlich zu interessieren, in welcher Schublade sie landen. In diesem Song landen sie gleich in mehreren:

Und, was ist das jetzt? Kunstvoll-folkige-Indie-Popmusik? Kufoip, sozusagen?
Egal, mir gefällt’s. JBT sind zurzeit auf Tour in Deutschland und Umland, Restkarten gibt es aber nur noch für Köln und Luxemburg. Der Rest ist ausverkauft. Sieht so aus, als kenne sie doch der Eine oder Andere.