Hawkins Monster jetzt auch als Ebook

Schon komisch: einmal öffentlich meckern, und schon tut sich was. Gestern noch merkte ich an, wie lahm die Umsetzung ins Ebook-Format läuft. Und heute erscheint es plötzlich: Seit Mittag ist „Die ersten ihrer Art“ bei iTunes und Amazon zu haben. Der Rest lässt noch auf sich warten, aber das gibt sich dann wohl auch bald.

In den E-Formaten sehe ich den primären Nutzen meines kleinen Crystal-Palace-Führers. Genau das hatte ich im Sinn: Dass jemand, der verloren vor diesen Monumenten steht und sich darüber ärgert, dass er vor Ort so wenig darüber erfährt, zum Handy greift, googelt – und fündig wird.

Ich habe den Preis entsprechend niedrig angesetzt, bei exakt Hälfte der Print-Version. Für eine „Einführungsphase“ gibt es das Dingchen jetzt aber für 99 Cent. Auch das ist ein Experiment. Book on demand gegen Ebook: Was hat die besseren Chancen auf dem Self-Publishing-Markt?

Londons viktorianische Dinosaurier

1853 war es ein enormes Wagnis, sich mit solchen Rekonstruktionen vorzuwagen. Von vielen Tieren gab es nur Funde einzelner Knochen – so auch beim Iguanodon.

Seit Freitag ist ein neues Buch von mir bestellbar, das voraussichtlich ab Dienstag der Pfingstwoche ausgeliefert wird: „Die ersten ihrer Art – die viktorianischen Dinosaurier des Crystal Palace, London“.

Das Ding ist dermaßen Nische, dass man meinen könnte, ich hätte damit beweisen wollen, dass auch wir „kommerziellen Lohnschreiber“ mitunter aus reiner Begeisterung in die Tasten hauen. Ich habe tatsächlich erst gar nicht versucht, dafür einen Verlag zu finden.

Stattdessen habe ich die Gelegenheit genutzt, gleich zwei Herzensangelegenheiten einfach mal durchzuziehen:

1. endlich mal im On-Demand-Verfahren, über das ich so oft geschrieben habe, zu publizieren: im Selbstverlag, mit E-Book-Schiene und allem, was dazu gehört. Es ist ein Selbstversuch, den ich dokumentieren und in gegebener Zeit auch publizieren werde. Wie ist die Qualität der Produkte? Ist das wirklich eine Chance für Autoren, für exotische Themen? Funktioniert es, sind die Produkte so gut erhältlich, wie die Anbieter behaupten? Funktioniert Selbstvermarktung? Verdient man damit etwas? Und so weiter: ich bin gespannt.

2. Über die „viktorianischen Monster“ des Bildhauers Benjamin Waterhouse Hawkins zu schreiben.

Die stehen seit 1854 in einem Park in Südlondon und waren damals der allererste Versuch überhaupt, ausgestorbene Lebewesen, über die man noch herzlich wenig wusste, in rekonstruierter Form abzubilden. Es hat die Vorstellungen von der „Urzeit“ über viele Jahrzehnte geprägt – und war über ein halbes Jahrhundert eine der meistbesuchten Attraktionen Londons.

Es muss über 30 Jahre her sein, dass ich das erste Mal über diese tonnenschweren Monumente gelesen habe: Wie lustig die heute seien, weil sie so „falsch“ sind. Was damals für ein Aufwand betrieben wurde. Die Legende vom spektakulären „Wissenschaftler-Dinner im Dinosaurier“. Und so weiter.

Im Februar habe ich die Figuren im Crystal Palace Park besucht. Das Wetter war lausig, die Inseln, auf denen die Statuen stehen, noch kahl. Trotzdem waren eine Menge Leute unterwegs, die sich die Figuren ansahen. Kaum einer von ihnen wusste, was sie da vor sich hatten – und die Erklärungstafeln vor Ort ändern daran auch herzlich wenig.

Wie „schlechte Dino-Figuren aus den 70ern“ sähen sie aus, sagte meine Frau, und wenn man nichts über die Sydenham-Saurier weiß, kann man das so sehen. Ich erklärte ihr den Stellenwert der Statuen:

– dass sie wissenschaftliche Pionierleistungen sind, die den kargen Wissensstand ihrer Zeit fast vollständig abbildeten;
– dass sie eine einst weltweit berühmte Attraktion waren, die das zwölf Jahre davor erfundene Wort „Dinosaurier“ erst bekannt machte;
– dass sie einer der frühesten Versuche waren, so etwas wie Evolutionsgeschichte darzustellen – sechs Jahre, bevor Darwin sich endlich traute, die „Entstehung der Arten“ zu veröffentlichen;
– dass für Millionen von Menschen des 19. Jahrhunderts die Begegnung mit „Hawkins Monstern“ erstmals die biblische Schöpfungsgeschichte und die Mär von der Sintflut in Frage stellte.

Und dann zeigte ich ihr, was an den Statuen interessant, beeindruckend, lustig oder einfach nur schräg ist.

„Und warum erfährt man das hier nirgendwo?“, fragte sie.

Stimmt, dachte ich. Da stehen diese Monumente menschlicher Erkenntnis halb vergessen in einem leicht heruntergekommenen Park, der selbst einmal eine der berühmtesten Attraktionen der Welt war, und man findet kaum Erklärungen.

Abends schaute ich, was es darüber so auf dem Buchmarkt gibt. In Reiseführern sind die Statuen im Crystal Palace Park selten mehr als eine Randnotiz. In englischer Sprache gibt es – mehr oder minder schwer erhältlich – zwei Replikas von Büchern aus dem 19. Jahrhundert darüber und eines, das 1994 aufgelegt, seit zwanzig Jahren aber nicht mehr nachgedruckt wurde. Es wird für bis zu 150 Pfund gehandelt, je nach Zustand.

In deutscher Sprache gab es – nichts.

Drei Tage nach unserem Besuch im Crystal Palace Park begann ich zu schreiben. Statue für Statue erklärte ich das, was man da sieht, die Geschichten und Annekdoten dahinter, den Kenntnisstand heute. Zusammengenommen ergab sich daraus nicht nur eine „Gebrauchsanweisung“ für den Park, sondern auch ein konziser Abriss über die Anfangstage der Paläontologie und ihre „Helden“ – über Crystal Palace zu schreiben bedeutet, Wissenschaftsgeschichte zu erzählen.

Anfahrtskizzen und Beschreibungen kamen dazu, und am Ende noch ein Essay darüber, was die Statuen über Kultur und Wissenschaft des viktorianischen Zeitalters aussagen und dafür bedeuteten. Bevor ich mir selbst ganz darüber im Klaren war, hatte ich eine Art kleinen Nischen-Reise- oder Museumsführer geschrieben.

Nicht, weil ich glaube, dass ich damit auch nur die Druckkosten wieder hereinhole, sondern weil es mir am Herzen lag: Hawkins Monster verdienen es, verstanden zu werden. Ich verstehe sie als in Beton gegossene Dokumente eines Erkenntnisprozesses, der die Welt von Grund auf verändert hat. Für mich macht sie das bis heute nicht nur lustig und rührend, sondern auch wichtig und beeindruckend.

Es würde mich freuen, wenn das Büchlein den paar Enthusiasten und Dino-Fans, den Wissenschafts-Nostalgikern und Wissens-historisch Interessierten, die sich nach Südlondon in den Crystal Palace Park verirren, ein wenig Spaß und einen vertieften Blick auf Hawkins viktorianische Monster bescheren würde. Kaufen kann man das 140-Seiten-Bändchen für 5,99 Euro in den meisten Online-Buchläden, man kann es im Handel bestellen oder als E-Book für Reader, Tablet oder Handy beziehen (in den meisten wird es knapp 3 Euro kosten).

Hier schon einmal ein erster Link: Die gedruckte Ausgabe soll im Laufe der Pfingstwoche bei allen Online-Buchhändlern erhältlich sein, das Ebook wird irgendwann im Laufe der nächsten zwei Wochen folgen.

Die ersten ihrer Art – die viktorianischen Dinosaurier des Crystal Palace, London