My Playlist XXVI: Björk.

Elektronische Musik ist eigentlich nicht mein Ding. Die große Ausnahme ist Björk, die ich schon zu ihren punkigen Zeiten in den 80ern auf dem Radar hatte und schwer cool fand. Was sie dann allerdings nach ihrer Karriere mit den Sugarcubes vom Stapel ließ, haute mich regelrecht um: Das war komplett unerwartet, herrlich schräg und extrem kreativ.

„Debut“, 1993 erschienen, ist dabei aus persönlichen Gründen noch immer mein Lieblingsalbum, sehr dicht gefolgt vom eigentlich weit vielfältigeren, poetischen Album „Post“ (1995) – es markiert meiner Meinung nach bis heute den Höhepunkt ihres Schaffens. Klar, es waren die Alben, mit denen Björk wirklich überraschen konnte. Danach erwartete man von ihr immer Schrägeres und ihre damit einhergehende, schrill-überzogene Selbstinszenierung, alles andere hätte enttäuscht.

Dabei fasziniert sie niemals mehr, als wenn sie sich rau und brüchig zeigt – so wie in Lars von Triers düsterem Musical „Dancer in the Dark“ (2000), wo sie als Schauspielerin und Sängerin brilliert: In Cannes gewann sie die Goldene Palme mit der Rolle, dazu den Europäischen Schauspielpreis und zwei Golden Globes (für die Rolle und den besten Filmsong), bei den Oscars reichte es „nur“ für eine Nominierung für den besten Filmsong.

Hier ist er.

Der Film ist starker Tabak, aber echt sehenswert. Mir fällt kein anderes Musical ein, über das ich das sagen würde.

 

 

My Playlist XXIII: T-Bone, please

T-Bone Burnett ist einer dieser Musiker, von denen nicht jeder weiß, dass er ihn kennt. Der Mann ist 71 Jahre alt und wurde in den 70er Jahren berühmt, als er in Bob Dylans Band spielte. Seitdem veröffentlichte er mehr als ein Dutzend Solo-Alben unter seinem eigenen Namen.

Eigentlich ist er aber ein Musiker, der gern verdeckt werkelt. Die Liste der Künstler, deren Karrieren er (minunter wieder, so wie bei Roy Orbison) auf die Beine half oder Flügel verlieh, liest sich wie ein Who’s Who der leicht schrägen, originellen Musik: Das geht von B.B. King, Gregg Allman und Elton John über Elvis Costello und Leo Kottke bis zu den Wallflowers oder den Counting Crows. Daneben ist  Filmmusik seine besondere Spezialität, zahlreiche preisgekrönte Soundtracks gehen auf seine Kappe (er holte u.a. zehn Grammys und zwei Oscars). Das besondere daran: meist sind die Alben etwas wirklich besonderes.

Zuletzt beschallte Burnett die Krimireihe True Detective – und nichts nährt da die Spannung derart, wie der oft hypnotisch-sparsame Soundtrack: Burnetts Töne, eigene Songs und Song-Auswahl sind das Salz der Serie, ohne sie wäre sie fad.

Was mich an dem Mann fasziniert: Seine immer noch junge Stimme – und seine offenbar völlig ungebrochene, völlig relaxed agierende Innovationskraft.  Hier dudelt kein Alt-Musiker, der versucht, jung zu klingen. Hier tobt sich ein musikalischer Tüftler kreativ aus.

Mein Lieblingsalbum bisher (ich kenne nicht alle seine Alben) ist  „True False Identity“  von 2006, aus dem die zwei hier eingeklinkten Songs stammen. „Zombieland“ klingt wie ein jugendlich-hellstimmiger Tom Waits auf Weckamin: Die Musik ist ein Fraktal, das sich aus Gitarren, Basslinie und zahllosen percussiven Elementen summiert. Das ist ganz großes Kino, was da im Hintergrund hämmert und klackert und schlägt und so zum eigentlichen Träger der Melodie wird. Und „Palestine, Texas“?

Ist so alt wie Burnett und zugleich völlig zeitlos neu. Man hört da fünf Jahrzehnte Musik, und alles fließt zusammen, ohne dass irgendwas verbogen, gekünstelt oder anbiederisch jung klingt – es ist komplett zeitlos.

Ganz ehrlich: ich hoffe, ich bin mit 71 noch so drauf, wie Burnett klingt.

Crystal Palace Dinosaurs: Alles wird besser

„Iguanodon“, Crystal Palace Dinosaurs. Copyright: Patalong

Seit ich im Frühjahr 2015 auf die Idee kam, den Crystal Palace Dinosaurs – das sind die  ältesten dreidimensionalen Darstellungen vergangenen Lebens weltweit – einen kleinen Guide in deutscher Sprache zu widmen, hat sich vor Ort im Süden Londons eine Menge getan.

Vor vier Jahren hat mich der Zustand des kleinen Skulpturenparks regelrecht empört: Die riesigen Beton-Monumente verfielen, die Inseln, auf denen sie stehen, wirkten vernachlässigt. Informationen für Besucher gab es kaum. Weder erfuhr man, was für wissenschaftshistorische Schätze man da eigentlich vor sich hat, noch etwas darüber, wie anders die Wissenschaft die dort dargestellten Tiere heute sieht.

Seitdem hat sich eine Menge getan. Ich war nicht der einzige, den der Zustand Anfang 2015 irritierte. Im Frühsommer 2015 gab es eine Reihe von Artikeln in prominenten Zeitungen, die BBC entdeckte das Thema für sich, und die Friends of Crystal Palace Dinosaurs – ein Club ehrenamtlicher Denkmalpfleger – bekamen plötzlich ungekannten Rückenwind.

Seitdem floss Geld in die fortlaufende Restaurierung der Statuen. Die Friends arbeiten daran, die Bepflanzung der Dinosaurier-Inseln mit zeitgerechter Flora zu verändern. Und seit Ende Januar ist auch klar, dass sie per Crowdfunding, Benefiz-Auktionen und sogar öffentlichen Mitteln das Geld für einen Brückenbau zusammenbekommen haben. Damit ist nicht nur gewährleistet, dass die Pflege der Monumente künftig leichter gelingt. Es wird – gegen Anmeldung und zu besonderen Anlässen – künftig auch regelmäßig geführte Touren über die Inseln geben.

Das beste an all dem ist aber, dass die Stadt London mit den Crystal Palace Dinosaurs eine ihrer einst größten Attraktionen im Wortsinn wiederentdeckt hat. 2015 fast vergessen werden die Dinosaurs heute in so gut wie jedem aktuellen London-Tourguide zumindest als „Geheimtipp“ gehandelt. Mich freut das tierisch.


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My Playlist XIX: Jon Gomm

Hierzulande weniger bekannt als Andy McKee ist der Brite Jon Gomm – ein Gitarrist, der sich locker mit allen Größen des Fingerpicking-Stils messen kann. Gomm ist ähnlich perkussiv wie McKee, aber den rauen Seiten des Pop näher: mehr Rock als Jazz, mehr Pop als Klassik.

Ähnlich wie McKee ist auch Gomm eine Youtube-Entdeckung. Seine Karriere begann quasi mit obigem Video, dass – ähnlich wie McKees „Drifting“ – in zig Versionen/Kopien kursiert und inzwischen auf zig Millionen Abrufe kommt. Gomm ist aber auch ein Musiker der kleinen Bühne, eine richtige Rampensau. Live dekonstruiert er hämmernd The Police, Bob Marley oder Chaka Khan, und anders als die meisten seiner Kollegen singt er auch – viel flexibler geht’s nicht.

Ganz besonders mag ich aber sein selbst geschriebenes Stück „The Secret Of Learning To Fly Is Forgetting To Hit The Ground“, schon allein wegen des Titels. Der ist natürlich ein Zitat von Douglas Adams, aber auch mein Mantra. Als ich Gomm das Stück erstmals hab spielen hören, habe ich begriffen: Es erklärt, was die Jungs da machen auf ihren Gitarren. Es ist sogar die einzige Erklärung.